Nach der Migros rüstet auch Coop seine Läden auf, um Shampoo- oder Essigflaschen aus Plastik recyceln zu können. Doch Abfallexperten fordern mehr.
Neuer Sammelcontainer bei Coop: Nun sollen auch Weichspüler- oder Shampooflaschen ins schwarze Rücknahmeloch.
Jetzt reissen sich die beiden Detailriesen um Plastikmüll: Weil Migros nicht nur PET-Flaschen und Milchflaschen zurücknimmt, sondern auch alle anderen Haushaltsflaschen, sollen das bei Coop bis kommenden April Kunden auch in allen Filialen tun können. «Man kann von Kunden nicht erwarten, dass sie sich überlegen müssen, wo sie welche Plastikflasche hinbringen müssen», sagt Coop-Sprecherin Nadja Ruch zu 20 Minuten. Breit informiert hat Coop darüber jedoch nicht, sondern lediglich einen Regenbogen und eine Weichspüler-Flasche auf die schon installierten neuen Sammelcontainer gemalt. Dort kann man neu auch die sogenannten PE-Flaschen entsorgen – Haushaltsflaschen für Shampoo, Spülmittel oder Essigflaschen.
«Wir rechnen mit einer Verdoppelung der Menge bei PE-Plastikflaschen», sagt Coop-Sprecherin Ruch. Die Rücklaufquoten bei der vergangenes Jahr gestarteten Umrüstung nähmen zunächst langsam zu, denn es brauche eine gewisse Zeit, bis sich ein System etabliert habe. Bei Migros, die ihre Sammelcontainer schon vor zwei Jahren erweitert hat, dürfte die Menge an Plastikabfall 2014 um 40 Prozent gestiegen sein, wie Sprecherin Monika Weibel sagt. Dass Kunden die Entsorgungsstelle falsch nutzten, komme kaum vor. Zahnbürsten, Windeln oder andere Abfälle landete nur selten im Container.
Experten sind erfreut: «Das ist ein sehr positiver Wettbewerb, den sich Migros und Coop in Sachen Nachhaltigkeit liefern – der eine prescht vor, der andere zieht nach. Nun ist die Frage, was die Discounter machen, oder ob es eine staatliche Regelung braucht», sagt Simon Zeller von Praktischer Umweltschutz Schweiz (Pusch). Aldi Suisse teilt mit, man prüfe derzeit in ausgewählten Filialen in einem Testlauf Entsorgungsstationen – unter anderem für PE-Recycling. Und bei Lidl heisst es, man beobachte die weitere Entwicklung.
Von Migros und Coop fordert Zeller, auch Plastiktüten oder Plastikverpackungen zurückzunehmen, wie das zum Beispiel Ikea macht und wie es in vielen anderen Ländern üblich ist. Wie in anderen Ländern soll sämtlicher Plastik gemischt gesammelt werden. «Denn einerseits verbrennen wir Plastikabfall, andererseits importieren wir ihn, weil wir ihn für die Herstellung etwa von Tragetaschen dringend brauchen.»
Migros und Coop zahlen beim Sammeln von Plastikmüll drauf: Nur bei PET-Flaschen ist vor einigen Jahren ein Aufschlag von 1,8 Rappen fürs Recycling eingeführt worden, gestiegen ist er seither aber nicht. Die Detailhändler sortieren den Plastikabfall nicht selbst, sondern liefern ihn an eine Recycling-Firma. Es entstehen jedoch Kosten für den Betrieb der Containerstationen. Weder bei Migros noch bei Coop sind zusätzliche Lastwagenfahrten nötig. Die Transporter, die die Filialen mit neuen Waren versorgen, nehmen auf dem Rückweg die Retouren mit.
«Kunststoffe können wegen den tiefen Rohstoffpreisen nicht kostendeckend gesammelt werden. Deshalb brauchen wir, wie bei allen anderen Recyclingstoffen üblich, eine faire Finanzierungslösung», sagt Zeller von Pusch. Der Nationalrat entscheidet dieses Frühjahr über eine Revision des Abfallgesetzes. Dabei geht es um die Frage, ob eine Sammelpflicht für Plastikmüll eingeführt werden soll. Und wenn ja – ob der Handel oder die Gemeinden dafür zuständig sein, sprich zahlen sollen.