Indische Corona-Doppelmutante wütet: Kollaps des Gesundheitssystems - „Konnte nur beim Sterben zusehen“

2022-05-20 18:57:23 By : Ms. winnie sun

In Indien scheint die Lage außer Kontrolle. Die Coronavirus-Mutante B.1.617 wird hauptsächlich für die tödliche Covid-Krise verantwortlich gemacht. Nun trifft internationale Hilfe ein.

Update vom 27. April, 16.45 Uhr: Das Gesundheitssystem in Indien kämpft mit dem Kollaps. Die Coronavirus-Krise trifft das Schwellenland enorm. Bilder von Scheiterhaufen vor Krematorien und Geschichten von Angehörigen von Infizierten oder Covid-19-Toten erschüttern.

Welt.de berichtet von einem 17-jährigen Jungen namens Mohan Sharma. Seiner Familie war es gelungen, ein Bett für den Großvater in einem Krankenhaus zu finden. Die Umstände in der Klinik hätten diesen jedoch ins Freie getrieben. „Da lagen drei Leichen neben ihm, und er bekam Panik“, zitiert Welt.de den 17-Jährigen, „Also brachte ich ihn hinaus.“ Weniger als 24 Stunden zuvor sei sein Vater vor dem Krankenhaus an Covid-19 gestorben. Er hatte kein Bett in dem Krankenhaus bekommen. „Er rang nach Luft, wir nahmen seine Maske ab, und er weinte und sagte: ‚Rettet mich, bitte rettet mich.‘“ Doch die Familie habe nichts für ihn tun können. „Ich konnte ihm nur beim Sterben zusehen“, sagte der Junge.

Ein anderer Angehöriger berichtete von den Umständen in einem Krankenhaus: „„Ich habe in sechs Minuten drei Leichen gesehen“, sagt er. „Da drinnen sind keine Betten, nur eine Liege nach der anderen mit jeweils zwei Patienten.“ „Ich habe in sechs Minuten drei Leichen gesehen. [...] Da drinnen sind keine Betten, nur eine Liege nach der anderen mit jeweils zwei Patienten.“ Seit Tagen sind Beatmungsgeräte und Sauerstoff in Indien Mangelware. Krankenhäuser sind restlos überfüllt.

Update vom 27. April, 9.30 Uhr: In Indien ist die Lage dramatisch. Die neue Coronavirus-Mutation B.1.617 verbreitet sich unaufhaltsam. Beatmungsgeräte sind knapp, Sauerstoff Mangelware. Krankenhäuser sind überfüllt und Patienten müssen abgewiesen werden. Den sechsten Tag in Folge meldet Indien mehr als 300.000 Neuinfektionen und mehr als 2.700 Tote. Die tatsächlichen Zahlen dürften nach Ansicht von Experten noch viel höher sein. Die Krematorien sind völlig überlastet. Fotos von Leichen, die auf Parkplätzen vor einem Krematorium verbrannt werden, erschüttern. Welche Faktoren für die schlimme zweite Welle in dem Land maßgeblich erscheinen.

Erste Hilfslieferungen aus Großbritannien sind am Dienstag in Indien angekommen. Eine Maschine der Lufthansa landete in Neu Delhi mit hundert Beatmungsgeräten und 95 Sauerstoffkonzentratoren an Bord, wie das Außenministerium in Neu Delhi mitteilte. Ministeriumssprecher Arindam Bagchi veröffentlichte im Onlinedienst Twitter Fotos von der Flugzeugentladung und schrieb dazu: „Internationale Kooperation bei der Arbeit“.

Großbritannien will mehr als 600 lebenswichtige medizinische Geräte bereitstellen. Insgesamt sind neun Flugzeug-Containerladungen geplant mit knapp 500 Sauerstoffkonzentratoren, 120 Geräten für nicht-invasive Beatmung und 20 Geräte für die manuelle Beatmung, wie die Britische Kommission in Neu Delhi mitteilte.

Aus Angst vor einem Einschleppen der Corona-Mutation B.1.617 haben Deutschland und zahlreiche andere Länder einen weitgehenden Einreisestopp verhängt.

Update vom 26. April, 10.40 Uhr: Die Besorgnis um Coronavirus-Mutationen reißt nicht ab. Seit Tagen verzeichnet Indien immer wieder Höchstwerte an Neuinfektionen. Am Montag meldete Indien mit 352.991 Corona-Fällen erneut einen weltweiten Höchstwert. Binnen 24 Stunden wurden 2812 Todesfälle registriert - so viele wie noch nie seit Beginn der Pandemie.

Die Dunkelziffern dürften in dem Land jedoch deutlich höher liegen. Mitverantwortlich für die verheerende Lage in dem Schwellenland ist vermutlich die neue Virus-Mutante B.1.167.

Unter der Corona-Last droht Indiens Gesundheitssystem zusammenzubrechen. Die in die Höhe schnellenden Fallzahlen haben zu einer Knappheit an Medikamenten und medizinischem Sauerstoff geführt. Vor den Krankenhäusern stehen die Patienten Schlange. Angehörige von Corona-Patienten suchen im Internet verzweifelt nach freien Krankenhausbetten.

Am Samstag (24. April) gingen schreckliche Bilder aus Neu Delhi um die Welt. Das Krematorium-Gelände wurde für die Masseneinäscherung von Covid-19-Toten umgewandelt. Menschen bereiteten Scheiterhaufen vor.

Auch in Großbritannien, Deutschland, Belgien und der Schweiz wurden vereinzelt Fälle der indischen Mutation nachgewiesen (siehe Erstmeldung). Neben Deutschland hat auch Italien ein weitgehendes Einreiseverbot für Menschen, die sich zuvor in Indien aufgehalten haben, beschlossen.

„Es war richtig, dass wir schnell gehandelt haben, um den Eintrag der neuen Mutation nach Deutschland zu stoppen“, betonte Außenminister Heiko Maas (SPD) gegenüber der Rheinischen Post. Wie oe24.de berichtete, überlegt auch Österreich einen Einreisestopp für Indien-Rückkehrer zu vollziehen.

„Innerhalb der Bundesregierung und im Gespräch mit Unternehmen setzen wir deshalb gerade alle Hebel in Bewegung, um schnellstmöglich, etwa mit Sauerstoff und Medikamenten, unterstützen zu können“, so Maas weiter. Auch Großbritannien und die USA haben bereits Hilfslieferungen auf den Weg gebracht. Die ersten neun Luftfrachtcontainer aus Großbritannien sollen in der Nacht zum Dienstag in Indien eintreffen, wie der britische Premierminister Boris Johnson ankündigte. Geliefert werden unter anderem Beatmungsgeräte und Sauerstoffkonzentratoren. Die US-Regierung sagte unter anderem Rohstoffe für die Impfstoff-Herstellung und Beatmungsgeräte zu. Auch Frankreich und Kanada haben Hilfe angeboten.

Unsere Erstmeldung vom 25. April: Sorge vor indischer Doppelmutante - nun erster Fall in der Schweiz entdeckt

Genf - In Indien dominiert eine Corona-Variante das Infektionsgeschehen: B.1.617. Die Lage auf dem Subkontinent ist verheerend. Die Corona-Variante wurde zuerst im indischen Bundesstaat Maharashtra gefunden und verbreitet sich dort stark, wie das Robert-Koch-Institut* (RKI) in seinem aktuellen Bericht zu Virusvarianten von Sars-CoV2 in Deutschland mitteilt. B.1.617 zirkuliert demnach auch in anderen indischen Bundesstaaten. In Großbritannien und auch in Deutschland wurden vereinzelt Fälle nachgewiesen.

Jetzt gibt es den ersten Corona-Fall mit der Mutation B.1.617 in der Schweiz: Wie das schweizerische Bundesamt für Gesundheit (BAG) via Twitter mitteilt, wurde die Mutation bei einem Reisenden nachgewiesen. Der Passagier ist über einen europäischen Flughafen in die Schweiz gereist. Anfangs gab es Verwirrung über die Herkunft der Person. Inzwischen stellte die Behörde klar, dass der Passagier über einen Transitflughafen in die Schweiz geflogen sei. Der erste Fall sei bereits Ende März nachgewiesen worden, heißt es bei 20min.ch. Das BAG prüft nun, Indien auf die Quarantäneliste zu setzen.

In Deutschland sind laut RKI bisher 21 Corona-Fälle mit der indischen Variante B.1.617 nachgewiesen worden, in Großbritannien zunächst 77.

Die indische Corona-Mutation B.1.617 steht in Deutschland bisher unter Beobachtung, teilt das RKI mit. Es gehört demnach noch lediglich zu den sogenannten „Variants of Interest“ kurz VOI. Im Unterschied zu anderen, wie beispielsweise der britischen Corona-Mutation B.1.117*. Die wird zu den sogenannten besorgniserregenden Corona-Varianten gezählt - VOC (Variants of Concern). Eine Variante gilt nach Angaben der WHO als „besorgniserregend“, wenn bekannt ist, dass sie sich unter anderem leichter ausbreitet, schwerere Krankheiten verursacht sowie das Immunsystem umgeht.

Die indische Corona-Mutation wird auch als „Doppelvariante“ bezeichnet, weil es zwei besondere Mutationen im sogenannten Spike-Protein (Stachel-Eiweiß) gibt. Es wird vermutet, dass eine dieser Mutationen die Antikörper-Antwort etwas unterläuft, so dass Antikörper das Eindringen des Virus in die Zelle nicht so gut verhindern können. Zum anderen gibt es auch Hinweise, dass das Immunsystem nicht wie erwartet mit T-Zellen auf das Virus reagiert.

Die neue Corona-Doppelmutante in Indien sei nicht allein ursächlich für die dortigen extrem hohen Infektionszahlen, erklärte RKI-Vize Lars Schaade am Freitag auf einer Pressekonferenz zur Corona-Lage in Berlin. Auch ob es sich um eine Immun-Escape-Variante handelt, sei noch nicht abschließend geklärt. Es gebe in Indien keinen Lockdown und große Veranstaltungen fänden statt, erklärte Schaade. Die Mutation sei unter Beobachtung, aber er stufe sie noch nicht als „besorgniserregend“ ein. 

Indien steht ab Montag (26. April) auf der Liste der Virusvariantengebiete in Deutschland. Dann gilt ein weitgehendes Einreiseverbot für Menschen, die sich zuvor in Indien aufgehalten haben - ausgenommen sind Menschen mit deutscher Staatsbürgerschaft oder deutschem Hauptwohnsitz. Sie müssen aber in eine 14-tägige Quarantäne. (ml) *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA