Hitlers Superbunker: Größenwahn in Stahlbeton - DER SPIEGEL

2022-08-26 18:07:54 By : Ms. Lily Liang

Bunker Valentin: Werft unter Stahlbeton

"Achtes Weltwunder am Weserstrand" titelten die "Bremer Nachrichten" am 22. März 1952. Der Jubel galt einem 426 Meter langen Betonriegel, der aschgrau über der Heidelandschaft im Norden von Bremen thronte. Eine Fläche von fünf Fußballfeldern bedeckte der Koloss, 1,2 Millionen Tonnen Stahl und Beton standen kastenförmig am Ufer der Weser. Der graue Gigant, so sahen es jedenfalls die Bremer Redakteure, war eine technische Glanzleistung.

Der "Valentin", wie die Bewohner der nahen Dörfer den 33 Meter hohen Bunker nannten, war nicht nur von monumentaler Größe - sondern auch eine Schatzkammer für Schrottsammler und Häuslebauer am Nordrand von Bremen: Seit der Riese, Baujahr 1942 bis 1945, ungenutzt in der Heide verwitterte, hatten Anwohner zurückgebliebene Baumaschinen und Inventar mitgenommen. Andere bauten mit herumliegendem Kies, Sand und Zement angeblich ganze Häuser. Im Sommer entwickelte sich die Bucht vor dem Bunker zum Badeparadies für sonnenhungrige Bremer. In den sechziger Jahren zeigte eine Postkarte den Bunker inmitten saftiger Wiesen, daneben stand: "Viele Grüße aus Bremen-Farge". Woran keiner dachte: Nur wenige Jahre zuvor waren für dieses "Weltwunder" mindestens 1600 Menschen gestorben.

Der Bunker "Valentin" steht bis heute. Moose und Efeu haben den grauen Klotz bedeckt, vom maroden Dach tropft unablässig Wasser in das feuchte Innere. Wer die verwitterte Ruine des Badeparadieses und der Fundgrube von einst besucht, muss sich vor herabfallenden Steinen hüten.

Die Geschichte des Bunkers, 30 Flusskilometer abwärts von Bremen an der Weser gelegen, sollte eigentlich direkt nach dem Krieg enden: Die Briten planten damals, den Bunker zu sprengen - doch die dafür nötige Detonation hätte die Häuser in der Umgebung weggefegt, auch ein Kraftwerk wäre wohl zusammengestürzt. Stattdessen testeten Briten und Amerikaner am sieben Meter dicken Bunkerdach die Schlagkraft neuer Bomben, später wollten die Besatzer ihn mit Trümmern aus der zerbombten Bremer Innenstadt zuschütten und einen Aussichtshügel schaffen. Sogar ein Park und ein Ausflugslokal waren geplant. 1952 begann Wirtschaftssenator Hermann Wolters öffentlich über mögliche Atomreaktoren unter der dicken Hülle des Klotzes nachzudenken. Laut "Norddeutscher Volkszeitung" kursierten sogar Ideen, Atomwaffen im "Valentin" unterzubringen. Alle Vorhaben scheiterten: Der Bunker blieb stehen und verfiel.

Entstanden war der Bunker im Zweiten Weltkrieg als bombensichere Fabrikhalle, hier sollten geheime Wunderwaffen für Hitlers "Endsieg" gebaut werden - am Fließband: alle 56 Stunden sollte ein neues U-Boot der modernsten Serie XXI entstehen. Hitler selbst protegierte das größenwahnsinnige Projekt, das auf Rüstungsminister Albert Speer und Marinechef Karl Dönitz zurückging. Denn die ständigen Bombenangriffe auf deutsche Städte behinderten die U-Boot-Produktion. Deshalb fiel Ende 1942 die Entscheidung, an der Weser eine bombensichere Fabrik zu bauen. Als im Mai 1943 die Marine mehr als ein Drittel ihrer Tauchboote verlor, wurde der Bunkerbau noch dringlicher.

Bunker Valentin: Werft unter Stahlbeton

In Windeseile entstand im Niemandsland die größte Baustelle Europas: Fünf mal zehn Kilometer maß das Gesamtareal, der Platz für den Betonriesen alleine nahm mehr als 35.000 Quadratmeter ein. Dutzende Kräne ragten neben den monumentalen Bunkerwänden in den Himmel, das Pfeifen von Schmalspurlokomotiven und das Pumpen der Betonmaschinen sorgte für eine permanente Geräuschkulisse. Sieben Gefangenenlager waren über das Areal verstreut, etliche Schienen verbanden Häftlingsbaracken, Anlieferstationen und die Baustelle miteinander. Die Dörfer und Bauernhöfe der ländlichen Gegend befanden sich auf einem Gelände, das zu einem monströsen Rüstungskomplex heranwucherte - einschließlich KZ-Außenlager. Bis zu zehntausend Zwangsarbeiter arbeiteten gleichzeitig auf der Baustelle.

Und das alles für U-Boote, deren Schlagkraft zu diesem Zeitpunkt schon äußerst fragwürdig war. Die Deutschen wussten nicht, dass ihr Geheim-Code längt entschlüsselt und selbst ihre modernsten Schiffe den Alliierten hilflos ausgeliefert waren. Doch Marinechef Dönitz hatte Hitler überzeugt, auf die Wunderwaffe "U-21" zu vertrauen: die höchstgerüsteten U-Boote ihrer Zeit. Schnell und nahezu unsichtbar sollten sie im Atlantik den Feind jagen - und die Wende im Seekrieg bringen. "Mit der U-Boot-Waffe allein wird die Marine ihren entscheidenden Sieg beisteuern können", dekretierte Dönitz am 2. Februar 1943. "Diesem Ziel muss jedes Opfer gebracht werden."

Die Opfer waren 3000 Häftlinge des Konzentrationslagers Neuengamme, untergebracht in einem Treibstoffbunker unter der Erde, 4500 verschleppte Zivilisten, außerdem Hunderte Kriegsgefangene und Häftlinge eines Arbeitserziehungslagers der Gestapo. Etwa 10.000 Männern drohten jeden Tag bei der Arbeit der Tod: Die Zementsäcke, die sie schleppten, waren schwerer als sie selbst, sie mussten eiserne Loren über das riesige Gelände schieben und gigantische Stahlkonstruktionen schwenken. Alles in Handarbeit.

Wer nicht an der Arbeit zugrunde ging oder durch grausame Misshandlung starb, dem drohten Tuberkulose, Erfrierungen, Darmerkrankungen - oder einfach der Hungertod. Manche Häftlinge versuchten, sich der Tortur zu entziehen: Sie sprangen mit dem Kopf voran auf Beton, schlugen sich mit Schaufeln oder jagten sich verschmutzte Nadeln ins Fleisch, um sich im Krankenlager von den qualvollen Entbehrungen der Arbeit erholen zu dürfen. Trotzdem starben Hunderte.

Das Leid blieb den Anwohnern nicht verborgen: 20 Minuten dauerte es morgens und abends, bis alle Zwangsarbeiter an Bauernhöfen und verklinkerten Wohnhäusern vorbei zur Baustelle gezogen waren. Einige Anwohner erbarmten sich, stellten heimlich Kartoffeln für die ausgehungerten Gefangenen vor die Tür. Andere profitierten von der Sklaverei: Subunternehmer ergatterten lukrative Aufträge auf der Bunker-Baustelle, viele setzten selbst Zwangsarbeiter ein.

Als die Briten Ende April 1945 Bremen besetzten, war der Bunker zu fast 90 Prozent fertig: Maschinen und Installationen für die Montagestraße waren eingebaut. Noch im Februar hatte Rüstungsminister Speer angeordnet, die Arbeiten müssten "mit allen Mitteln beschleunigt werden", woraufhin 390 weitere KZ-Häftlinge zum Bunker gebracht wurden. "Valentin" hatte im November 1944 die höchste Priorität erhalten, alle verfügbaren Ressourcen konnte die Bauleitung anfordern. Zwölf oder 14 Stunden lang waren Zwangsarbeiter im Einsatz, an sieben Tagen die Woche. Die Schergen trieben ihre Sklaven auch dann noch zur Eile an, als die britischen Truppen schon vor Bremen standen. Im März 1945 sollten die ersten U-Boote auslaufen, ab August war die Serienproduktion vorgesehen. Die Royal Air Force kam diesem Plan zuvor.

Denn im allerletzten Moment beendete die britische Luftwaffe den barbarischen Spuk am "Valentin". Am 27. März 1945 flogen 18 "Lancaster"-Bomber auf den grauen Betonklotz am Ostufer der Weser zu, warfen 155 Bomben auf den Bunker. Zwei Grandslam-Bomben mit je zehn Tonnen Gewicht rissen acht Meter große Löcher in den noch nicht fertig gestellten Teil der Decke. Der Unzerstörbare war durchlöchert - und die Bauarbeiten am Bunker wurden wenig später eingestellt.

Es dauerte vier Jahrzehnte, bis die Bremer sich auch für die grausamen Geschichten hinter ihrem "Weltwunder" zu interessieren begannen. Mittlerweile gibt es im renovierten Teil der U-Boot-Fabrik eine Ausstellung, nachdem der Gigant im Jahr 2010 zur Gedenkstätte erklärt wurde. Seit 1983 steht vor dem Bunker ein Denkmal für die Zwangsarbeiter, Titel: "Vernichtung durch Arbeit".

Die Landeszentrale für politische Bildung in Bremen bietet Führungen durch den Bunker Valentin an. Die "Baracke Wilhelmine" zeigt auf dem Gelände eine Dauerausstellung zum Bunkerbau.

Ödnis aus Beton: Der westliche Teil des Bunkers Valentin im Norden von Bremen ist seit 1945 nahezu unverändert geblieben. Seitdem verfällt die einstige Wunder-Fabrik für die modernsten U-Boote ihrer Zeit zur Ruine. Die verbunkerte Werft ist mittlerweile so stark zerstört, dass die verfallene Hälfte der Ruine nicht alleine betreten werden darf. Das soll sich in den nächsten Jahren ändern: Die Landeszentrale für politische Bildung richtet im Bunker derzeit eine Gedenkstätte ein.

Monumentale Hässlichkeit: Der Bunker Valentin ist eines der größten Relikte des nationalsozialistischen Rüstungsirrsinns in Europa. Die Ruine am rechten Weserufer ist 426 Meter lang, 97 breit und bis zu 33 Meter hoch. Für den Koloss wurde so viel Beton verbaut, wie laut Schätzungen für den Bau einer Kleinstadt mit 20.000 Einwohnern nötig wären. Das etwa 1,2 Millionen Tonnen schwere Ungetüm bedeckt mehr als 35.000 Quadratmeter - das entspricht der Fläche von ungefähr fünf Fußballfeldern.

Gigant, rasant: Der Bunkerbau in Bremen hatte höchste Priorität, weil das NS-Regime damit seine Hoffnungen auf den Endsieg verband. Deshalb dauerte es keine zwei Jahre, bis der Bunker nahezu fertig war. Von August 1945 an sollten hier monatlich 13 U-Boote zu ihrer Feindfahrt starten. Dass der Bunker so schnell gebaut wurde, lag am massiven Einsatz von Zwangsarbeitern, die ab 1943 zu Tausenden auf das Gelände gebracht wurden. Die Gefangenen kamen aus ganz Europa, darunter waren KZ-Häftlinge, Kriegsgefangene und "Fremdarbeiter".

Wasser mit Betonpanzer: Bis zur Ausfahrt in die Weser wären die im Bunker montierten U-Boote vor Bombenangriffen geschützt gewesen. Aber was dann? Ob die Tauchboote tatsächlich ungestört durch die relativ flache Weser bis in die Nordsee gelangt wären, ist unklar. Hätten feindliche Bomber die Boote entdeckt, wären sie wohl verloren gewesen. Auch die Anlieferung der einzelnen Segmente war nicht sicher. Zwar war für die Lagerung vorgefertigter Bootsteile vor der Endmontage ein verbunkerter Unterstand geplant, der wurde aber nicht mehr gebaut.

Loch im Unzerstörbaren: Am 27. März 1945 griffen die alliierten Bomber erstmals gezielt den Bunker an. Weil die Decke im hinteren Teil der Werft noch nicht die geplante Stärke von sieben Metern hatte, sondern nur viereinhalb Meter dick war, schlugen zwei zehn Tonnen schwere Bomben durch das Dach. Diese Löcher existieren bis heute. Nicht geklärt ist, warum die britische Royal Air Force erst in den letzten Kriegstagen die Baustelle bombardierte. Historiker gehen davon aus, dass rationales Kalkül dahinter stand: Die Alliierten wollten den Bunker erst kurz vor der Fertigstellung bombardieren, damit so viel Material und Arbeitskraft wie möglich für das Projekt verschwendet würden.

Einziger Ausgang: Die Bunkerwerft im Bremer Ortsteil Rekum sollte den Schlussteil einer Produktionskette bilden. Die acht vormontierten Segmente der U-Boote sollten die Werft "Hornisse" im Bremer Stadtteil Gröpelingen und das Hamburger Werk "Wenzel" anliefern. Am Ende der Produktionsstraße im Valentin sollten die fertigen U-Boote schließlich aus der einzigen Öffnung des fertigen Bunkers (hier auf einer Aufnahme vom 23. Juli 2000) direkt in eine Bucht am Weserufer fahren können, um von dort aus zur Nordsee aufbrechen zu können.

Von der Ruine zum Museum: Im Bunker Valentin soll bis 2015 eine Gedenkstätte entstehen, die derzeit von der Landeszentrale für politische Bildung in Bremen aufgebaut wird. Auf dem Foto begutachtet eine Mitarbeiterin der Landeszentrale am 29. April 2011 den verfallenden Ruinen-Teil der Werft. Da die Bundeswehr das Gelände 50 Jahre lang genutzt hat, werden Seminarräume beispielsweise in ehemaligen Bundeswehr-Gebäuden eingerichtet. Seit kurzem werden Führungen durch den Bunker angeboten, im sanierten Teil des Bunkers gibt es eine Dauerausstellung.

Boomende Baustelle: Um in weniger als zwei Jahren den riesigen Bunker fertig zu stellen, gab das Regime dem Bunkerbau die höchste Priorität. Dadurch konnte die Bauleitung auch knappe Ressourcen ordern. Außerdem kam die modernste Technik zum Einsatz - und mehr als 10.000 Zwangsarbeiter. Mehr als 1600 Menschen verloren dabei ihr Leben. Die meisten starben an Entkräftung, Hunger, Kälte und Tuberkulose, andere wurden förmlich in den Tod getrieben: Über einen französischen Gefangenen ist bekannt, dass ihn Aufseher mehrfach verprügelten, wobei seine Brillengläser zerbrachen. Die Schergen zwangen den fast blinden Mann trotzdem weiterhin, auf schmalen Brettern übers Bunkerdach zu balancieren. Es dauerte nicht lange, bis er in den Tod stürzte. Signatur im Bundesarchiv: Bild 185-10-05A

Lagerhalle: Der vordere Teil des Bunkers wirkt steril, seitdem die Bundeswehr dort 1966 ein Marinedepot eingerichtet hat. Da die Sanierungskosten für die Nutzung der gesamten Werftruine zu hoch gewesen wären, wurde der durchlöcherte Teil des Bunkers durch eine Wand vom späteren Depot abgegrenzt. Dieses Foto verdeutlicht die Größenverhältnisse des Beton-Kolosses an der Weser: Rechts unten im Bild steht der Hausmeister der Anlage, der am 29. April 2011 die Technik der Halle wartet.

Ende des Größenwahns: Als die US-Navy am 18. Juli 1945 dieses Foto vom Bunker Valentin schloss, war der fast fertig gestellt. Viele Geräte und Installationen waren im März bereits eingebaut, nur die Decke hatte im vorderen Teil der Werft an der Weserseite noch nicht ihre Soll-Stärke von sieben Metern. Die Amerikaner, die Bremen als Enklave in der britischen Zone besetzten, hatten wenig Interesse an dem Koloss: Schon Ende Mai 1945 durften deutsche Firmen ihre eingebauten Maschinen wieder abholen, auch die Bevölkerung bediente sich an den Hinterlassenschaften auf der Baustelle. Der leere Bunker verfiel.

Gefährlicher Gigant: Der verfallene Ruinen-Teil des Bunkers ist seit 1945 in nahezu unverändertem Zustand. Absperrungen hindern Besucher daran, die Ruine auf eigene Faust zu erkunden, ein Schild warnt: "Betreten verboten! Achtung Steinschlag!" Wie die U-Boote durch die Sektionen gefahren und anschließend zu Wasser gelassen werden sollten, ist trotzdem kaum noch zu erkennen: Die ursprünglich eingebauten Fahrrinnen im Boden wurden mittlerweile zugeschüttet.

Hölle in der Idylle: Die Baustelle entstand mitten in einer Heidelandschaft östlich der Weser. Zwischen Auen, Wiesen und verschlafenen Dörfern errichteten die Nationalsozialisten schrittweise eine monströse Rüstungslandschaft. Auf diesem Foto vom 18. Juni 1945 ist eine der Betonmischanlagen zu sehen, an denen Zwangsarbeiter 300 Zentner Zement pro Stunde einfüllen mussten. Die Arbeitsbedingungen waren so hart, dass Hunderte Gefangene an den Strapazen starben.

Lichtblick: Das Tauchbecken war die letzte Station der getakteten Montage, mit der im Bunker Valentin alle 56 Stunden ein U-Boot fertig gebaut werden sollte. Dieses Becken konnte bis zur Hälfte der Raumhöhe geflutet werden. Im Tauchbecken sollte geprüft werden, ob das Boot dicht und voll funktionsfähig war, bevor es durch die Ausfahrt in eine Bucht am Weserufer ausfahren konnte. Von dort sollten die Boote direkt zur Feindfahrt in die Nordsee aufbrechen.

Fabrik am Ufer: Die Bauarbeiten liefen auf Hochtouren, als 1944 dieses Bild entstand. Schon im März 1945 sollte das erste U-Boot den Valentin verlassen. Dort war die Endmontage weitgehend fertiger Segmente zu fertigen U-Booten geplant. An 13 Taktplätzen sollten die "Wunderwaffen" zusammengebaut, ausgerüstet und getestet werden. Drei Taktplätze waren für den Einbau von Sehrohr, Schnorchel und Antennen vorgesehen - dafür wurden eigens Erhöhungen im Bunkerdach eingeplant. Signatur im Bundesarchiv: Bild 185-01-03

Rostiges Relikt: Dieses verrottete Wagengestell brachten Arbeiten an der Bucht vor dem Bunker hervor. Welchen Zweck das Gefährt hatte, ist nicht sicher. Wahrscheinlich befand sich ein Drehkran darauf. Möglicherweise ist dies aber auch das Untergestell einer Lore. Das Areal um die Bunkerbaustelle war mit einem dichten Schienennetz ausgestattet, auf dem ständig Züge Material und Arbeiter transportierten.

Durchschlagender Erfolg: Ein Bombenangriff der Royal Air Force beendete am 27. März 1945 den Traum von der Unzerstörbarkeit des Bunkers. Eine zehn Tonnen schwere "Grand Slam"-Bombe riss ein acht Meter großes Loch in die Decke des Dachs. An dieser Aufnahme wird deutlich, mit welcher Wucht die Bombe eingeschlagen sein muss: Die Decke war immerhin viereinhalb Meter dick und mit etlichen Stahlbetonträgern verstärkt.

Britische Testbombe: Die Bomben, die Ende März 1945 das Bunkerdach zerstörten, blieben nicht die einzigen. Die Alliierten testeten an der massiven Decke nach dem Krieg ihre neusten Bomben, um deren Durschschlagskraft zu verbessern. Viele Bomben schlugen zwar in die Decke ein, entwickelten aber nicht die erhoffte Sprengkraft. Das Bild zeigt eine dieser Test-Waffen, sie liegt bis heute im Bunker Valentin.

Rüstungswahn in Trümmern: Seit Jahrzehnten ist der Valentin monumentaler Blickfang und grausiges Mahnmal zugleich. Erst seit einigen Jahren beginnt die professionelle Aufarbeitung unter der Leitung von Marcus Meyer, der auf diesem Bild am beschädigten Tauchbecken des Bunkers steht. Seit 1999 ist die Bremer Landeszentrale für politische Bildung für die Aufarbeitung der Bunkergeschichte zuständig, Ende 2010 bewilligten der Bund und das Land Bremen 1,9 Millionen Euro für den Aufbau einer Gedenkstätte. Die Mitarbeiter der Landeszentrale haben dafür etliche Dokumente zusammengetragen und Gespräche mit Zeitzeugen geführt.

Blick in die Baustelle: Mit riesigem Aufwand trieben die Deutschen den Bunkerbau voran - doch die Niederlage im Krieg kam ihnen zuvor. Im Valentin wurde nie ein U-Boot montiert. Unklar ist nach wie vor, wer die vermeintlichen "Wunderwaffen" hätte fahren sollen: Alle 56 Stunden sollte im Bunker Valentin ab August 1945 eines der modernen "U-21" vom Stapel laufen - Mannschaften für U-Boote waren im letzten Kriegsjahr aber längst Mangelware.

Steriles Grau: Fast 45 Jahre lang nutzte die Bundeswehr einen Teil des Valentin als Depot für die Marine - hier ein Blick in die Lagerhalle, Foto vom 3. Mai 2011. An die ursprünglich beabsichtigte Funktion erinnern nur Stahlhaken auf halber Höhe an den Seitenwänden, an denen eine zweite Montageebene eingebaut werden sollte. Von dort aus sollten Arbeiter von oben an den U-Booten arbeiten können.

Langsamer Verfall: Die Bomben der Alliierten rissen zahllose Löcher ins Bunkerdach. Sie hätten eine nachträgliche Reparatur und Umnutzung der gesamten Werftruine zu kostspielig gemacht. Zerstörungen wie diese geben der heutigen Gedenkstätte die morbide Atmosphäre, die sie für Besucher so eindrucksvoll macht.

Zug um Zug: Das dichte Schienennetz auf dem Areal um den Bunker Valentin machte die raschen Baufortschritte erst möglich. Die Gleise, auf denen auf diesem Bild eine Schmalspurlokomotive steht, verbanden die Baustelle mit den Lagern und Anlieferstellen auf dem weitläufigen Gelände. Das Bild schoss die US-Army am 3. Mai 1945.

Nasskalt und gefährlich: Durch das Dach des Bunkers regnet es herein, immer wieder fallen kleine Steine von der maroden Decke in die Ruine. Wer den Bunker Valentin betritt, muss deshalb einen Helm tragen. Für Aufführungen des Bremer Theaters im Valentin wurde eigens eine Plane unter die Decke gehängt - um Darsteller und Besucher vor Steinschlag zu schützen. Das Ensemble führte hier 1999 erstmals eine Inszenierung von Karl Kraus' "Die letzten Tage der Menschheit" auf.

Wahnsinn an der Weser: Beton-Koloss Valentin, hier auf einem Luftbild von 2008, ist der einzige erhaltene Bunker seiner Art in Deutschland - und der zweitgrößte jemals gebaute Hochbunker Europas. Nur sein Ebenbild im französischen Brest ist noch gigantischer, er entstand zwischen 1940 und 1942. Die Natur hat sich den verfallenen Teil des Bunkers längst zurückgeholt: Auf dem Dach haben sich im Laufe der Jahrzehnte mehr als hundert Pflanzenarten breitgemacht, in Bombentrichtern sind kleine Tümpel und Biotope entstanden. Dort gedeihen Pilze, Moose und sogar Eichen. In den Dehnungsfugen des Bunkers haben sich mittlerweile rund 8000 Fledermäuse eingenistet, darunter auch geschützte Arten. Die Seitenwände werden von Kalkausspülungen aus sieben Jahrzehnten bedeckt.

Stahlbeton, Zwangsarbeit, Größenwahn: Das waren die wichtigsten Gründe für die schnellen Fortschritte beim Bau des Bunkers. Das Foto zeigt die Ausfahrt aus dem Tauchbecken, wie es heute aussieht.

Strandspaziergang: In den fünfziger Jahren zog die Bucht an der Weser Badeurlauber, Schrottsammler und Häuslebauer auf der Suche nach Baumaterialien an. Damit war Schluss, als die Bundeswehr den Bunker 1960 übernahm. 1964 begann der Umbau des damals schon 20 Jahre alten Gebäudes für insgesamt fünf Millionen Mark. Seit 1966 war der Valentin offizielles Marine-Depot. Heute ist das weitläufige Gelände ein beliebtes Ziel für Spaziergänger.

Spätes Gedenken: Erst 1982 begann die Aufarbeitung der Vergangenheit des Betonklotzes im Norden von Bremen. Radio Bremen sendete 1983 eine Reportage über den Valentin. Wenig später errichtete die Stadt Bremen ein Denkmal für die Zwangsarbeiter, die auf der Baustelle gequält wurden. Das Bild zeigt den ehemaligen Zwangsarbeiter Isaac Ryan vor dem Mahnmal im Jahr 2005. 60 Jahre nach Kriegsende besuchte der Ire den Bunker, für dessen Bau mindestens 1600 Menschen ihr Leben ließen.

Eingezäunter Beton: Stacheldraht, Laternenmasten und Wachgebäude neben dem Bunker Valentin sind Relikte der Bundeswehr-Vergangenheit des Giganten. Erste Mauern und Schutzzäune wurden jedoch schon wenige Jahre nach dem Krieg errichtet, um etwa spielende Kinder vor den Gefahren der Ruine zu schützen.

Melden Sie sich an und diskutieren Sie mit