Günstig, leicht und nicht brennbar: Die neuen Plastik-Batterien von PolyJoule haben jede Menge Vorteile. Sie sollen nur halb so teuer und sogar in hohem Maß recycelbar sein. Einen großen Nachteil haben die Kunststoff-Batterien trotzdem.
Das im US-Bundesstaat Massachusetts ansässige Unternehmen PolyJoule stellt Batterien aus Plastik her. Dank leitender Polymere kommen die Akkus komplett ohne Metall aus. Der YouTube-Kanal Breaking Lab widmete den innovativen Akkus vor Kurzem ein eigenes Video.
Die ersten 18.000 Plastik-Batterien produzierte das Unternehmen bereits, die Akkus sind schon jetzt auf dem Markt erhältlich. Doch bis dahin war es ein weiter Weg: 2010 veröffentlichten die beiden MIT-Wissenschaftler und Gründer des Unternehmens wissenschaftliche Arbeiten zu leitfähigen Polymeren, die als eine der Grundlagen für die Plastik-Batterien gelten können.
Leitfähige Polymere sind organische Verbindungen, die keine Metalle sind, sich aber wie Metalle verhalten. Schon seit 1977 sind leitfähige Polymere in der Wissenschaft bekannt, allen voran Polyacytelen. Da es jedoch unter Sauerstoffeinfluss instabil wird und auch die sonstige technische Verarbeitung schwierig ist, spielte es lange Zeit keine wichtige Rolle.
Als erstes industriell genutztes leitfähiges Polymer gilt Polyanilin, das als Korrosionsschutz eingesetzt wird und beispielsweise die Rostbildung verhindern kann. Generell ist die Verarbeitung leitfähiger Polymere schwierig, da ihre Stabilität oft von der optimalen Temperatur abhängt. Dies ist auch der Grund, warum ihr Einsatz bisher noch nicht weiter verbreitet ist, erklärt "Breaking Lab"-Moderator Jacob Beautemps.
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Mit der Plastik-Batterie von PolyJoule soll sich das bald ändern. Der Aufbau der Batterie hat das Unternehmen dabei nicht neu erfunden: Auch hier gibt es eine Kathode und Anode sowie einem flüssigen, nicht entflammbaren Elektrolyt. Die Innovation ist jedoch, dass die zwei Elektroden ohne Metalle auskommen. Dies ist einem Kohlenstoff-Graphen-Hybrid zu verdanken, der zu den leitfähigen Polymeren zählt.
Die Polymer-Kette im Inneren der Batterie verbindet abwechselnd Kohlenstoff-zu-Kohlenstoff-Einfachverbindungen mit Doppelverbindungen. Diese Verbindungen machen den Elektronenfluss in der metallfreien Batterie überhaupt erst möglich: Die Ionen innerhalb der leitfähigen Polymere speichern zunächst Energie durch Oxidation (also indem sie Elektronen abgeben), dann werden sie bei der sogenannten Reduktion (dem Aufnehmen von Elektronen) entladen. Hierbei fließen die entstehenden Ladungen genau wie bei einer herkömmlichen Batterie zwischen der Kathode und Anode hin und her.
Hergestellt werden die ersten Plastik-Batterien in einer alten Papierfabrik. Was zunächst merkwürdig klingt, ist in Wahrheit eine geniale Idee: Denn zur Produktion der Akkus wird das sogenannte Rolle-zu-Rolle-Verfahren eingesetzt, für das einige der bereits bestehenden Maschinen des alten Papierwerks gemacht sind.
Bei dem Verfahren wird das Material auf eine Rolle gespannt und lässt sich dann auf unterschiedliche Arten verändern und bearbeiten. Dies geschieht zum Beispiel in Form von Beschichtungen oder chemischen Behandlungen. So besitzt es am Ende genau die Eigenschaften, die es für sein späteres Einsatzgebiet benötigt.
In einer kontinuierlichen Bewegung überträgt die Maschine das Material dann von einer Rolle auf die nächste. Laut Beautemps ein großer Vorteil, der für den neuen Batterietyp sprich: Die Plastik-Batterien müssen dank dem Rolle-zu-Rolle-Verfahren nicht in einem sterilen Umfeld hergestellt werden. Zudem kommen bewährte, bereits bestehende Maschinen zum Einsatz.
Zudem nutzen die Hersteller ein wasserbasiertes Produktionsverfahren, um Rohstoffengpässe so weit wie möglich zu vermeiden: Denn Lithium, Kobalt und Co. sind extrem selten. Schon jetzt ist die Nachfrage riesig, denn denn immer mehr Batterien werden benötigt.
Ein weiterer Vorteil besteht hinsichtlich der Materialsicherheit: Da es sich um ein leitendes Polymer handelt, bestünden keine Sicherheitsrisiken durch Feuer oder Ähnliches, so der Moderator. Die Polymere sind sehr leicht zu verarbeiten und die Plastik-Batterien funktionieren bei Temperaturen von -40 bis +50 Grad Celsius. Großer Vorteil außerdem: Die Batterien sollen zu 95 Prozent recycelbar sein - ein Wert, von dem normale Lithium-Ionen-Batterien meilenweit entfernt sind.
Auch die Produktionskosten können sich sehen lassen. Laut Aussage des Herstellers liegen die Kosten pro Kilowattstunde bei 62 Euro. Zum Vergleich: Eine herkömmliche Lithium-Ionen-Batterie kommt auf 130 Euro pro kWh. Das Rohmaterial der Plastik-Akkus kostet zudem weniger als einen Euro pro Kilogramm. Währenddessen liegt Lithiumkarbonat bei fast 20 Euro pro Kilogramm.
Selbst bei der Leistung können die Plastik-Batterien die herkömmlichen Akkus übertrumpfen: Die Plastik-Akkus sollen laut Hersteller bis zu 12.000-mal zu 100 Prozent be- und entladen werden. Eine Lithium-Ionen-Batterie schafft nur ca. 5.000 Ladezyklen.
Doch es gibt auch einen großen Nachteil: Die Plastik-Akkus verfügen über eine geringere Energiedichte als ihre Lithium-Ionen-Verwandten. So würde eine Plastik-Batterie, die ein E-Auto betreiben soll, zwei- bis fünfmal größer ausfallen als eine herkömmliche Batterie.
Doch davon lassen sich die Wissenschaftler bisher nicht beirren: Sie sind vom Erfolg ihrer Entwicklung überzeugt. Auch andere Forschungsteams springen auf den Zug auf: Während die Akkus von PolyJoule statisch und in ihrer Form nicht groß veränderbar sind, arbeiten Wissenschaftler der Universität Stanford an einer Plastik-Batterie, die wie Knete formbar sein soll. Die Forscher hoffen, dass ihre Erfindung in Zukunft sogar in Kleidung gefahrlos angebracht werden kann.
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