Der Wahlpflichtkursus Textillehre an der Eider-Nordsee-Schule ist besonders versiert. Aus diesem Grund gab es jetzt „Nachhilfe“ für Mitarbeiter des Textilmuseums in Neumünster.
Textillehrerin Frauke Seider (Mitte) erläutert Sarah Kandulski wie ein Beutel aus einer alten Jeans hergestellt wird. Foto: Geschke
Schülerin Lina Holzlöhner (rechts) hilft Mareike Fretz vom Textilmuseum Neumünster beim Nähen einer Tasche aus alten Landkarten. Foto: Geschke
Ist vom Nähvirus ebenfalls befallen: Brigitte Petersen von der Stiftung Kinder des Windes mit ihrer selbst genähten Tasche aus einer Wachstischdecke. Foto: Geschke
So ein Glücksschweinchen machen die Schüler auch selber - das ist allerdings etwas für Fortgeschrittene. Foto: Geschke
Brigitte Petersen von der Stiftung Kinder des Windes. Foto: Geschke
Textillehrerin Frauke Seider (Mitte) erläutert Sarah Kandulski wie ein Beutel aus einer alten Jeans hergestellt wird. Foto: Geschke
Die Ursprünge in der Textillehre, früher hieß es Textiles Werken, gehen weit zurück. Seit Jahrzehnten lernen Jungen wie Mädchen Handarbeiten. Früher sticken, stricken oder Arbeiten mit Makramee. Auch in der Eider-Nordsee-Schule. Dort hat Textillehrerin Frauke Seider das Thema Nachhaltigkeit auf ganz besondere Art verinnerlicht. „Ich sammele schon seit 30 Jahren alte Jeans“, erzählt sie. Aus diesen schneidern und nähen die Schüler neue, effektvolle Gebrauchsgegenstände – Upcycling heißt das auf neudeutsch.
Im Rahmen dieses Projektes besuchte der Kursus der 10. Klasse einen Workshop im Textilmuseum in Neumünster. „Dort haben wir festgestellt, dass wir mit unseren Arbeiten schon weiter sind als das Museum“, sagt Seider. Und so entstand ein reger Austausch mit den Verantwortlichen in Neumünster und die Idee zu einem praktischen Austausch in Wesselburen.
Sarah Kandulski, Mareike Fretz und Lara Wolf, lernen den Beruf der Erzieherin im Bereich Freizeit, Tourismus und Kulturarbeit und absolvieren ein Langzeitpraktikum im Textilmuseum. In der Eider-Nordsee-Schule verbrachten sie den Vormittag und lernten, wie aus Jeans witzige und effektvolle Utensilien gefertigt werden. „Wir wollen das in unserem Workshop für Schüler ab der fünften Klassen umsetzen. Da machen wir knapp eine Stunde Theorie und dann ein bis zwei Stunden Praxis“, beschreibt Sarah Kandulski. Entstanden sei diese Idee der Workshops, weil in Coronazeiten ein Besuch von Schulklassen nicht möglich gewesen sei, sehr wohl aber Workshops mit kleineren Gruppen.
Und so fertigten die Erzieherinnen aus Neumünster kleine Taschen, Beutel oder Federtaschen, die in gut einer Stunde von Schülern zu fertigen sind. Mareike Fretz übte sich an einer Tasche aus alten Landkarten. „Die sind immer sehr begehrt“, sagt Seider. Zumal diese auch wasserabweisend seien. Die Liste der Gegenstände, die die Schüler in Wesselburen aus alten Jeans zaubern ist hingegen noch deutlich länger: So fertigen sie Kissen, Grillschürzen, Einkaufstaschen oder Utensilo, ein stehendes Behältnis, das mal ein Hosenbein war. Letztere gibt es in kleiner Ausführung für Pinsel, in größerer Variante zum Beispiel für Wolle. Aber auch aufwendige Arbeiten wie eine Patchworkdecke mit Jeansstoffen werden im Textilraum geschaffen. „Das dauert dann schon mal 50 bis 60 Stunden“, sagt Frauke Seider.
Mit der Wiederverwertung der alten Jeansstoffe setzt Seider auch auf Nachhaltigkeit. Die Herstellung von Jeans sei nicht besonders umweltfreundlich. „Um eine einzige Jeanshose zu produzieren, werden 11.000 Liter Wasser benötigt. Außerdem reist sie einmal um die Welt, bis sie fertig ist und in Deutschland auf dem Ladentisch liegt“, erläutert die Textillehrerin. So würde die Jeans wenigstens noch einem weiteren guten Zweck dienen.
Um Upcycling so erfolgreich betreiben zu können, kann Seider auf eine gute technische Ausstattung zurückgreifen. „Wir haben sogar zwei Overlock-Nähmaschinen von der Stiftung Kinder des Windes erhalten“, freut sie sich. Damit ist Nähen, Säubern und Schneiden des Stoffes in einem Arbeitsschritt möglich - solche Maschinen gab es früher nur in der industriellen Fertigung. „Jetzt sollen wir demnächst noch eine weitere Maschine bekommen“, sagt Seider. Die Stiftung hat zugesagt, eine computergesteuerte Nähmaschine anzuschaffen, die Buchstaben aus vier Alphabeten und 200 Sticharten sticken kann. Eine Investition von rund 1100 Euro. „Das erweitert unsere kreativen Möglichkeiten um einiges, denn sowas können wir bisher nicht“, sagt die Textillehrerin. „Wenn Kinder das Nähen einmal können, dann geht das auch zuhause, und sie haben etwas fürs Leben gelernt“, beschreibt Brigitte Petersen von der Stiftung Kinder des Windes die Intention für die finanzielle Hilfe.
Über Unterstützung ganz anderer Art würde sich Frauke Seider ebenfalls freuen. „Wenn jemand noch alte, ausgebrauchte oder auch kaputte Jeans zuhause hat, darf er diese gerne vormittags in der Schule vorbeibringen und spenden. Wir freuen uns über jedes Teil.“
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